Premiere für eine Finstere Welt im XOX-Theater
Ulrike Eggers feierte mit dem Stück „Der finstere Plan der Vintila Radulezcu“ ihre Regie-Premiere.
von Sabrina Peters
Eine bessere Kulisse als den altehrwürdigen Theater-Saal im Klever XOX-Theater hätte man sich für die Aufführung des Werkes „Der finstere Plan der Vintila Radulezcu“ nicht aussuchen können. Der dunkle und nur mit Lichteffekten inszenierte Raum passte perfekt zum Düsteren des Stückes, das zwar im Jahre 1938 spielt, aber aktueller denn je erscheint.
Das von Martin Zapata geschriebene Werk faszinierte Ulrike Eggers, langjähriges XOX-Theater Ensemble-Mitglied, so sehr, dass sie es sich für ihre Regie-Premiere aussuchte. Rund anderthalb Jahre haben Eggers, Friedhelm Hülsmann und Elke Seiler, die sich ums Bühnenbild und die Requisite kümmerten, sowie die beiden Darsteller Agnes Bröker und Thomas Freiss für die Ausarbeitung des Stückes gebraucht. Die Arbeit hat sich letztlich aber gelohnt, wie die Premiere am vergangenen Samstagabend im XOX-Theater zeigte. Das schauspielerisch sehr anspruchsvolle Bühnenstück, das aus einem reinen Dialog besteht, verlangte von den Darstellern Agnes Bröker und Thomas Freiss sehr viel ab. Mit einer ausdrucksstarken Gestik und Mimik sowie einer starken sprachlichen Leistung gelang es ihnen aber, den Zuschauer nach einem kleinen Anlauf in die finstere Welt mitzunehmen.
Es ist eine Welt voller Wahrheit und Lügen sowie Gutem und Bösem. Was anfangs nur als harmlose Begegnung einer Frau und eines Mannes auf der Akropolis erscheint, entwickelt sich sehr schnell zu einem spannenden Katz-und-Maus-Spiel. „Wer sind Sie wirklich?“, lautet dabei die zentrale Frage, die sich die zwei starken Persönlichkeiten im Stück immer wieder gegenseitig stellen.
Nach jeder vermeintlichen Antwort kehrt anschließend doch noch eine überraschende Wende ein, welche die Spannungskurve jedes Mal auf einen neuen Höhepunkt ansteigen lässt. Erst der tragische Schluss, der mit Licht, Schatten und Rauch exzellent in Szene gesetzt wurde, bringt Licht ins Dunkle.
Agnes Bröker und Thoms Freiss durften sich am Ende für ihre schauspielerische Leistung einen tobenden Applaus abholen. Über zahlreiche Glückwünsche zu ihrer gelungenen Regie-Premiere freute sich auch Ulrike Eggers. „Ich bin sehr glücklich jetzt. Es war eine Menge Arbeit, denn wir haben immer wieder Vieles verworfen und viel experimentiert. Aber das war es Wert“, sagte Eggers, die sich auch bei ihren Mitstreitern bedankte. „Ohne sie wäre es nicht möglich gewesen. Jeder hat an allem mitgearbeitet, so dass wir uns gegenseitig verbessern konnten“, verriet Eggers. Diese über einjährige akribische Erarbeitung des aufwändigen Stückes habe letztlich aber zu dem Erfolg geführt.
Der Zufall ist ein raffinierter Plan
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Kleve. Die Liebe immerhin ist echt. Oder? Was ist, wenn der Geliebte aus der Zukunft kommt und wieder dorthin zurückreist? Was, wenn der Liebesverrat Menschenhass produziert? Was, wenn die Verlassene unmündige Kinder zu Terroristen abrichtet, einer Organisation, der nur zwei entkommen: ausgerechnet Samuel Beckett und Eugene Ionesco, beides Autoren des absurden Theaters? Und was, wenn die verlassene Frau, die Liebesrächerin, sich wieder verliebt? Wenn die Weltvernichtung schließlich eine Liebestat zu werden droht?
„Der finstere Plan der Vintila Radulezcu“ heißt das Stück des mexikanischen Schriftstellers Martin Zapata, das nun im XOX-Theater zu sehen war. Kammerspiel, Komödie, Groteske, Tragödie – es schlängelt sich um alle denkbaren Genres herum. Ganz so, wie in der Inszenierung von Ulrike Eggers, Friedhelm Hülsmann und Elke Seiler ein Mann im Jahre 1938 auf der Akropolis um eine Frau herumschleicht. Obwohl sie permanent miteinander sprechen, berühren sie sich nur ganz selten. Und wenn, dann reichen sie die Absinth-Flasche weiter, schnupfen Kokain oder rauchen Opium. Höchst nebulös, das alles.
Doch ist das Stück nicht nur ausgesprochen unterhaltsam, sondern auch fesselnd. Wie bei den russischen Matrjoschkas entpuppt sich jede der beiden Figuren im Laufe des Abends gleich mehrfach als eine andere. Jede Pointe ist letztlich nur Ausgangssituation für eine weitere, noch schärfere. Beim Spiel mit Verschwörungstheorien und psychologischer Indoktrination kann man durchaus den einen oder anderen Wink in Richtung Gegenwart erkennen. Aber auch ohne diese hineininterpretierte Bedeutungsebene entfaltet sich das Spiel kraftvoll. Das liegt nicht zuletzt an den ausgezeichneten Darstellern Agnes Bröker und Thomas Freiss. Die beiden changieren munter zwischen Irrsinn und Geheimplan, drehen auf, fallen in sich zusammen und versprühen bei alledem eine geradezu lässige Hintergründigkeit.
Letztlich kann man sich als Zuschauer ein bisschen so fühlen, als hätte man all das Drogenzeug, das die Figuren in sich hineinstopfen, selber konsumiert. Die Wahnvorstellungen spielen sich auf der Bühne ab, und irgendwie ergibt das ganze Durcheinander am Ende einen Sinn. Eben den, dass alles sinnlos ist. Oder auch nicht. Vielleicht erklärt uns der nächste Zeitreisende aus der Zukunft ja, wie es weitergeht. Wenn wir vorher nicht zufällig Opfer einer Weltvernichtungsverschwörung werden. Wäre doch schade drum.